Ostküste der Südinsel

Südinsel Teil I & Project Serena reloaded

Es war wieder soweit. Nachdem wir ein paar Tage im Nachbarhaus unserer „alten“ Hosts Andrew & Juanita bei deren Freunden Ken & Lynn Unterschlupf fanden und den ersten Geburtstag der zuckersüßen Isabella (Mario bemalte für sie das Zebra-Schaukelpferd) mitfeiern durften, hieß es: Reiseübelkeitstabletten einschmeißen und ab auf die Bluebridge. Da diese dreieinhalbstündige Fähre mehr als ein Flug von Neuseeland nach Australien kostet, mussten wir das auch anständig genießen. Franzi, indem sie kurz nach der Abfahrt mit offenem Mund einschlief. Bei der Einfahrt in die Marlborough Sounds der Südinsel stand er uns aber beiden offen – deren Schönheit war einfach umwerfend und ist mit Worten nicht zu beschreiben.

Nach der ersten, wärmer als erwarteten Nacht in der vor Freude über die zurückgewonnene Ausschöpfung ihrer Kapazitäten begeisterten Serena, führte sie und der Weg uns zum French Pass.

In Nelson statteten wir uns mit dem Nötigsten aus – Preise für Essen sind hier noch extremer, sodass wir versuchen, nur die großen Supermärkte abzuklappern – und genossen den schönen Blick von der Rabbit Island auf die dahinterliegenden weißen Bergkuppen. Dann verzogen wir uns für ein paar Nächte ins Hinterland, um das wieder aufstrebende Projekt des Self Containments (SC) für Serena zu vollenden. Das bedeutet, das Auto muss im der Lage sein, sich mindestens drei Tage ohne fremde Hilfe selbst versorgen zu können. Mit Waschbecken, Wassertanks & Toilette. Tüftler und Baugenie Mario machte sich ans Werk. Während die Küche wieder durch einfachste Mittel neben einem Spülbecken eine dritte und vierte Etage bekam, um vorne Platz für eine „auch-während-dich-das-Bett-in-Schlafposition-befindet-benutzbare-Toilette“ frei zu machen, nähte Franzi die letzten Gardinen, sortierte aus, räumte auf und schtieb Blog.

Das nächste Ziel war Hanmer Springs. Ein kleiner Ort inmitten der Berge, in dem wir den bis jetzt einzigen Bezahlcampingplatz nutzten, da es schlichtweg nichts kostenloses gab.

In Christchurch sollte es dann passieren. Wir wollten die SC Plakette. Diese ermöglicht uns nämlich nicht nur eine enorme Wertsteigerung des Autos, sondern auch das Übernachten auf viel mehr kostenlosen Campingplätzen. Also noch letzte Änderungen getätigt, den SC Officer kontaktiert und im zweiten Anlauf war es dann soweit: Wir sind offiziell Self Contained!20170926_162502-01-1713x2284 (Hier bitte jeder vor Freude jubeln und klatschen). Die heiß begehrte Plakette konnte dann eine Woche später nach Zusendung von Mario angepappt werden. Nebenbei lösten wir noch unser zweites, lästiges Problem. Nach fast SECHS! Monaten konnten wir endlich die Gasfedern der Kofferraumklappe ersetzen. Gas Strut Power Fachmann Andrew erlöste uns vom Ducken und dem Besenstiel aus Katikati. Günstige Ersatzteile für unser Modell zu finden, war die reinste Katastrophe. Fragt mal Mario. Unsere Serena ist eben was Besonderes. Jedenfalls fühlen wir uns jetzt beim Öffnen der Kofferraumklappe als hätten wir vier Arme, da dafür nur ein Finger anstatt zwei kräftiger Arme benötigt wird.

Nach vier Nächten in Christchurch und teilweise ekelhaft schlechtem Wetter wollten wir uns kurz die Stadt ansehen… um direkt wieder zu gehen. Es ist einfach überall noch zu spüren. Die Folgen des schweren Erdbeben von 2011 und das von 2016 im benachbarten Kaikura. Überall Baustellen und die älteren Gebäude wie die große Kirche stehen verwaist da. Zäune umgeben sie, aber auf den Mauerresten wächst das Gras. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis hier wieder alles „normal“ ist.

Das benachbarte kleine französische Städtchen Akaroa auf der Banks Peninsula diente als nächstes Ausflugsziel und auch wenn ziemlich verregnet, war es doch keine Zeitverschwendung, hier halt zu machen.

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Da unsere hart erarbeitete SC Plakette erst ca. eine Woche später im weiter südlichen Oamaru Post Office ankommen sollte, wollten wir uns erst einmal in Richtung des höchsten Bergs Neuseelands aufmachen. Mt. Cook mit 3724m, den Mario eigentlich gerne bestiegen hätte. Auf dem Weg dahin entdeckten wir noch ein Highlight, den Mt. Sunday. Den Herr der Ringe Fans besser bekannt als Edoras, dem Hauptsitz des Königreichs Rohans. Aber schaut selbst, Worte bringen es einfach nicht:

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Wahnsinn oder? Keiner von uns hätte erwartet, dass der Tag so geil wird. Ungebremst entfalteten sich weiter die Highlights vor uns aus: Als erstes Lake Tekapo, der laut Reiseführer gern „zum ersten Welt – Sterne – Kulturerbe“ durch die UNESCO erklärt werden möchte. Keine Luftverschmutzung oder städtische Beleuchtung stören den Blick in den Südhimmel. Wir sahen ihn nur bei Tag, aber was denkt ihr?

Nach einer Nacht am malerischen Lake Pukaki lag er vor uns: der Mount Cook. An 240 Tagen im Jahr liegt dessen Spitze in Wolken gehüllt. Irgendwie schienen wir Glück zu haben, nach 1,5 h Wanderung über drei Hängebrücken und inmitten dutzender Touristen wurden wir am Ende zu Füßen dieses mächtigen Kolosses im wahrsten Sinne umgehauen. So friedlich, still, fast unberührt mit Schnee bedeckt liegt er da. Es hat etwas magisches. Leider war der Wind echt stark, sodass wir nicht ewig verweilten und uns lieber noch zum angrenzenden Tasman Glacier und den Blue Lakes aufmachten. Der Gletscher ist in den letzten 130 Jahren um fünf Kilometer geschmolzen und die Blue Lakes sind aufgrund des fehlenden Zuflusses des Gletscherwassers nicht mehr blau sondern grün, sie werden jetzt durch Regenwasser gefüllt. Trotzdem…einfach so beeindruckend.

Nach einer sehr wackligen Nacht mit Franzis erneut aufblühender Todesangst – es war wirklich sehr windig! – fuhren wir weiter in Richtung Oamaru und befanden uns plötzlich in einer völlig anderen Welt. Den Clay Cliffs. Wie im wilden Westen.

 

Es war aber leider auch vorbei mit der friedlichen Abschottung von der digitalen Welt. Wir konnten sehen, was daheim passiert ist. Deutschland hat eine Partei zur drittstärksten Kraft gewählt, die dafür ist, sich abzuschotten, die Wehrpflicht wieder einzuführen, Menschen zu erlauben, legal Waffen zu tragen, sich für die „traditionelle“ Familie ausspricht und alle anderen Familienbilder ablehnt (Homosexualität, Alleinerziehend etc.), gerne weiterhin Atomenergie nutzen möchte und keine erneuerbaren Energien, den Klimawandel grundsätzlich ablehnt, gegen fast jede Form des Asyls in Deutschland ist, den Islam als eine Weltreligion grundsätzlich verurteilt, gegen Abtreibungen ist, für eine deutsche Leitkultur anstatt Multikulturalismus wie sie es nennen ist etc. pp. Wen interessiert, wo’s herkommt: Ich hab mal nachgelesen im Wahlprogramm. Und wer sich jetzt fragt, ach das hab ich gewählt? Dem geht’s so wie den meisten der AFD Wähler. Die haben nämlich keine Ahnung was da steht, da sie die Partei nur aus Protest gewählt haben. Es müsste sich ja mal was ändern, Merkel muss weg und so. Aber das Vertrauen in die Hände von Menschen zu legen, die eingeschnappt Fernsehsendungen verlassen und keine Diskussionen aushalten, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen? Das ist seriös? Kommt schon Leute, ehrlich? Ach so, stimmt ja, ist ja alles Lügenpresse und so. Komisch nur, dass diese gut genug ist, um den Terrorismus zu dokumentieren, dann machen sie ihren Job ja gut genug. Und Tomaten auf die Kanzlerin werfen? Ja, das ist fortschrittlich. Ein Wunder, dass sie noch kein Podium verlassen hat oder eingeknickt ist, ihr wurden schließlich auch schon eine beachtliche Menge Dinge an den Kopf geworfen. Manche nennen es Arroganz, ich hab Respekt dafür. Klar hat sie einige Dinge nicht korrekt angegangen, aber wollt ihr jeden Tag solche Entscheidungen treffen müssen? Ich nicht. Aber ich bin lieber ein guter Mensch anstatt den ganzen Tag nur besorgt zu sein. Sorgen mache ich mir auch, daran ist nichts falsches. Aber ich versuche, mich denen zu stellen und für Lösungen außerhalb der Komfortzone offen zu sein. Denn ich bin weder blind noch naiv, glaubt mir. Es gibt schwarze Schafe unter denen, die zu uns kommen. Aber ich hab es so satt, zu hören – es kämen nur Kriminelle zu uns etc. Ihr wisst genau, dass das nicht stimmt. Es mag sie geben, aber soll ich euch was sagen? Die gibt es hier auch in Deutschland. Genug davon. Das hat nichts mit der Hautfarbe oder der Religion zu tun.

Mit Sicherheit kann die AFD die heile Welt, die ihr sich der Wähler wünscht, versprechen zu geben. Aber seien wir doch mal ehrlich. Die Probleme, die beklagt werden, seit wann sind die da? Seit 2015 oder vielleicht doch schon davor?

Ich kann auch die Augen zumachen und mir die Hände auf die Ohren legen, nur wie lange klappt das? Die Welt besteht nicht nur aus Deutschland, dem Landkreis oder den Grundstück. Wenn man sich jetzt verschließt und Rückschritte macht, ist am Ende das Geschrei umso größer, warum wir nicht besser vorbereitet waren. Die Lösung? Wenn ich sie wüsste, würde ich sie euch mitteilen. Aber ich kenne sie ehrlich auch nicht. Keine Partei ist perfekt. Aber hier werden doch die größten Abstriche gemacht.

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